8.1.19

Mein Stern


Stern, der durch mein Fenster trat
in den Tanz der Nachtgedanken,
seine weißen Veilchen tat
auf die Hand des Schaffenskranken,
seine Hilfe mir verhieß,
winkte noch im Morgenschimmer,
als er engelsstill verließ
mein vom Wachen blindes Zimmer:
Stern, wann kehrst du zauberhaft
wieder meinen Traum zu lieben?
Bist du auf der Wanderschaft
durch die Himmel fortgetrieben,
fern im Wolkenozean
auf ein Inselgrab verschlagen,
nie zu retten, abgetan
wie der Staub auf meinen Tagen?
Tage mir und Nächte gehn
als Gespenst durch meinen Jammer,
kehrst du doch noch, Wundersamer,
wird in meiner Sterbekammer
Grabeswind dein Licht verwehn.


Max Hermann-Neisse