31.7.22

waiting for the bus (from: piranhas)


als er aus dem café trat, dämmerte der abend. an der stillgelegten bushaltestelle hatten sich wieder mal einige von den freaks versammelt, die seit ghost world und enids abgang auf stillgelegte bushaltestellen standen. sie waren nicht wirklich unangenehm, laut schon gar nicht, aber unheimlich. meistens sassen sie still auf der bank, einige hatten leichtes reisegepäck mit, eben was man für die letzte überfahrt so braucht. das ganze hatte sich zu einem regelrechten kult entwickelt in dieser stadt. woran die grösste siuzidnewsgroup des landes nicht grad unschuldig war. manche leute sahen den sinn ihres lebens darin, an einer stillgelegten busstation auf den letzten bus zu warten, und das war wohl völlig in ordnung. zumindest dachte er so. und sie waren wenigstens nicht allein. nur wenn er diese typischen bleichen kindergesichter sah, mit augen, die eine einzige frage waren, dann konnte er nicht mal hingucken.

er hatte sich schon an ihren anblick gewöhnt und fand nichts dabei, mit ihnen noch eine zu rauchen und manchmal redeten sie auch mit ihm, wenn er an ihnen vorbei zum parkplatz ging. er sah auch nicht gerade wie einer dieser typischen bullenspitzel aus. kluge köpfe, die meisten, und er konnte es nicht verhindern, dass ihm die studenten des benachbarten campus in den sinn kamen. die meisten dieser kids hätten es durchaus drauf. aber wenn man die barriere überschreitet, ist man wohl schon fast drüben, und die gespräche mit ihnen liessen einiges davon durchblicken, was sie momentan empfanden. er hatte die wichtigsten gespräche zuhause noch aus dem kopf aufgezeichnet, nicht, weil er es irgendwann mal veröffentlichen wollte, sondern weil sehr viel wahrheit drinsteckte, und noch viel mehr kreativität. 

ein mädchen hatte ihm mal ein gedicht geschenkt. er liebte es, es war wie ein songtext und man hätte es wirklich gut vertonen können. sie hatte eine seite aus ihrem schulheft gerissen und das gedicht in windeseile draufgekritzelt. in violett - alles an ihr war violett gewesen, sogar ihre haare. und die tinte. und der inhalt des gedichts war ebenfalls irgendwie violett. er hatte noch gefragt, ob sie immer so schnell dichtete und sie hatte geantwortet, dass das gedicht wie ein lied seit einigen wochen in ihr klang. seit sie gespürt hatte, dass sie sterben wollte. den grund hatte sie nicht mal gewusst. ihr lebensfaden war irgendwie abgeschnitten.und nun war sie tot. tabletten im.vanillepudding. kleiner tip der suizidnewsgroup, dass das ganze auch untenbleibt. kids nur loser nehmen alk zum runterspülen und ihr wollt ja nicht in der kloschüssel beim kotzen ersaufen. ihr wollt euren abgang straight und einigermassen sauber, obwohl die chemische keule nie sauber ist, ihr liegt in eurer pisse und scheisse, kids aber wenigsten nicht mit dem gesicht nach unten in der kloschüssel, nachdem euch das leben schon so gründlich ins gesicht gepisst hat. so sterben kinder, hatte er gedacht, damals, als ihre freunde es ihm erzählt haben. so sterben kinder und wir sehen zu, wie sie sterben. 
er vermisste sie. 

vanillepudding und ein violettes gedicht.

28.7.22

They shall have stars at elbow and foot;

Though they go mad they shall be sane,

Though they sink through the sea they shall rise again;

Though lovers be lost love shall not;

And death shall have no dominion.


Dylan Thomas, from ‘And Death Shall Have No Dominion’


26.7.22

The Legendary Pink Dots - Ghost

am ozean, gerade hellwach oder tief schlafend

sie sass auf dem autodach und rauchte. ihre freunde waren eingeschlafen. ein song von the legendary pink dots klang leise aus den boxen, sie hörte zu und versank wie in einem ozean aus watte oder morphium. ghost. wehte zu ihren freunden, die am strand lagen und schliefen. der ozean rauschte leise, sie war müde, doch sie wollte nicht schlafen gehen. eine zigarette nach der anderen und noch den letzten rest chartreuse aus der flasche, die sie zuletzt gekillt hatten. sie waren davon müde geworden und bald eingeschlafen, doch sie wurde immer wacher davon. manchmal wartet man auf etwas und denkt, es wäre nicht passiert, und es ist trotzdem passiert, nur ganz leise. 

ihre freunde atmeten ruhig. sie sahen wie kinder aus, wenn sie schliefen. sie war hellwach und trotzdem wie in trance. der ozean und das lied, das wie in wellen an ihr bewusstsein brandete, schläferten einen teil von ihr ein. sie fragte sich, ob sie gerade träumte. vielleicht lag sie mit den anderen am strand und schlief. welchen unterschied würde es machen? oder ob sie lebendig war oder tot? es wäre ganz genau dasselbe, dachte sie verschwommen und trotzdem hellwach. sie schlief am strand neben ihnen und träumte davon, auf dem autodach zu sitzen und auf den ozean zu sehen. oder sie sass auf dem autodach und stellte sich vor, gerade zu schlafen. in diesem moment konnte alles passieren. es war ein magischer moment. sie wusste nicht, ob sie schlief oder wach war, ob sie lebendig oder tot war. der strand mit ihren schlafenden freunden, die wie kinder aussahen. die flasche chartreuse in ihrer hand, der murmelnde ozean, die tränen auf ihrem gesicht. 

 let's capture some sweetness.

22.7.22

The fog was where I wanted to be. Halfway down the path you can’t see this house. You’d never know it was here. Or any of the other places down the avenue. I couldn’t see but a few feet ahead. I didn’t meet a soul. Everything looked and sounded unreal. Nothing was what it is. That’s what I wanted—to be alone with myself in another world where truth is untrue and life can hide from itself. Out beyond the harbor, where the road runs along the beach, I even lost the feeling of being on land. The fog and the sea seemed part of each other. It was like walking on the bottom of the sea. As if I had drowned long ago. As if I was the ghost belonging to the fog, and the fog was the ghost of the sea. It felt damned peaceful to be nothing more than a ghost within a ghost.

 Eugene O'Neill, Long Day's Journey into Night


src

19.7.22

14.7.22

 

I have heard the mermaids singing, each to each.
I do not think that they will sing to me.
I have seen them riding seaward on the waves
Combing the white hair of the waves blown back
When the wind blows the water white and black.
We have lingered in the chambers of the sea
By sea-girls wreathed with seaweed red and brown
Till human voices wake us, and we drown.

T.S. Eliot, The Love Song of J. Alfred Prufrock