meistens betrachtete er die welt durch einen filter. er legte ganz einfach einen schleier über die welt und filterte die grellen farben aus. was übrig blieb, war meistens nur grau. und er fühlte sich wohl in seiner grauen welt. sie war beruhigend und sicher. nichts würde jemals stören. nichts würde ihn berühren, nichts würde ihn traurig machen oder wütend. er fühlte sich immer gleich zufrieden, und die zeit verging wohl so schnell wie bei allen anderen. sie alterten, doch er selbst blieb immer gleich.
eines tages jedoch, es war im späten herbst, war er unterwegs, um noch einen letzten blick auf die graue herbstlandschaft im zwielicht zu werfen. er schlenderte an den gärten entlang, nahm den weg durch die vorstädte, durch das labyrinth von gassen und strassen, und bald wusste er nicht mehr, wo er eigentlich war. in diesem viertel der stadt war er noch nie gewesen. doch es kümmerte ihn auch nicht. die grauen häuser und gärten sahen aus wie die in seinem viertel. jemand stand mitten auf der strasse vor ihm und blockierte den weg. eine kleine, zierliche gestalt. ein kleines mädchen war es wohl, sie trug einen warmen umhang, und hatte eine kapuze auf. er konnte ihr gesicht nicht sehen, doch er dachte, sie wäre wohl sehr jung, maximal 10 jahre alt. sie machte keine anstalten, weiterzugehen oder den weg freizugeben. also schritt er auf sie zu und blieb dann vor ihr stehen.
er lächelte, sagte, "hallo kleine", doch sie antwortete nicht. vieleicht hätte er einfach an ihr vorüber gehen sollen. seine welt hätte sich nicht im geringsten verändert, wäre er einfach weitergegangen und hätte dieses sonderbare kind ignoriert, doch er war auf seltsame weise neugierig geworden und sah sie weiterhin an, wartete.
sie kramte in der tasche ihres umhangs und holte einen grossen apfel heraus, hielt ihn ihm entgegen. verlegen griff er danach, murmelte seinen dank, doch die dankesworte blieben ihm im hals stecken. das was gerade mit ihm passierte, war sein untergang.
der apfel, den er in der hand hielt, leuchtet in klarem kräftigem rot. der graue filter löste sich auf, wurde blasser und durchsichtiger, bis rings um ihn die gärten in herbstlichem spätabendlicht leuchteten. seine hand war die eines alten mannes geworden. die kapuze des kindes war zurückgerutscht, uralte augen sahen ihn an, starrten unverwandt in seine verletzlichen alten augen. das uralte kind lächelte ihm zu, hauchte einen kuss in die luft. er schloss für einen moment die augen. der kuss brannte wie feuer. der schmerz war unbeschreiblich, er brannte in seiner seele, und dennoch wollte er nicht, dass dieser moment jemals aufhörte. ein teil des himmels, dachte er. und er wusste genau, welcher teil des himmels es war. als er die augen wieder öffnete, war das kind verschwunden. was von diesem tag blieb, war eine welt voller farben, jeder tag ein stück bunter, intensiver, die gefühle die er hatte, waren die eines kindes. er spielte, er malte, lachte und weinte.er war nicht mehr nur für sich, er fühlte alles rings um ihn, vor allem die menschen. er fühlte mit ihnen.
er wusste bis zuletzt nicht, ob er wirklich dankbar sein sollte. er wusste es einfach nicht.