-Bauer, bringt her den Käse,
den runden, schwersten der Laiber....
Gereift bei den
Strahlen des Mondes,
hängend in Netzen
an den Ästen
des filigranen
Buschwerks
am Rande des Moors...
Sanft umflossen
von irisierender Fäulnis,
veredelt mit blassen
Moorbeeren...-
-Schneidet ihn auf, Bauer,
lasst uns atmen den Duft....
Bauer, er sollte schon duften,
jetzt,
da er angeschnitten...-
-Vollmondkäse, Ihr Herren,
ist äusserst zurückhaltend
in Duft und Geschmack...-
-Kennt Ihr, Bauer,
den Schirglinger?
Vom Nachbarhof...
Vollmondkäse hat kein‘ Biss,
Vollmondkäse ist Beschiss.
Der Schirglinger ist zum Verzehr,
der Schirglinger, der schmeckt nach mehr...
Nach Erde, Moder, Fäulnis, Gruft,
nach Schimmelpilz und schlechter Luft.
Nach Socken, Schuhen, Dung und Eutern
und, ganz schwach, nach frischen Kräutern....
Packt aus den Schirglinger,
den besten,
wollen nie was andres testen...-
Der Bauer zuckt zusammen,
wird bleich wie
die Moorbeere,
die geheimnisvolle...
Er taumelt aus der Stube,
verschwindet kreischend
in der Nacht...
Zwei Wanderer,
die einsam
den uralten Pfaden
des Moores folgen,
finden
Käselaiber auf nebligen Lichtungen,
eben erst gereift,
in Netzen aus
feinstem Garn...
Dazwischen,
sanft baumelnd,
umflossen von irisierender Fäulnis –
den Bauern
mit einem Sträusschen Moorbeeren
hinterm Ohr...
-Auf den Schreck miass ma
wos essn!-
-Jo! Host an Schirglinger dabei?-
.....................…
Vollmondkäse hat kein Biss,
Vollmondkäse ist Beschiss.
19.6.1992
(überarbeitet am 26.1.1998)