"wir verlieren sie."
die stimme kommt von weit her, irgendwo in diesem grellweissen licht, das durch meine geschlossenen lider dringt. Das licht stört mich, ich möchte gern in meinem verdunkelten zimmer schlafen, bei heruntergelassenen jalousien die hitze des nachmittags verschlafen. am abend kurz wach sein und hinaussehen in den garten, bis ich wieder einschlafe in meinen kühlen, weissen laken, die ständig gewechselt werden, wenn ich sie wieder durchgeschwitzt habe.
ich habe nie schmerzen. das einzige, was sich unangenehm anfühlt, ist die müdigkeit in mir, die tag für tag grösser wird, je mehr, wie mein bedürfnis wachzubleiben steigt.
in den letzten augenblicken will man nichts mehr versäumen, mit geschärften sinnen nimmt man jede noch so unwichtige kleinigkeit wahr. sogar eine fliege an der wand gewinnt jetzt an bedeutung, man will wach bleiben, man will sehen. bewahren? ich sammle eindrücke in meinem erinnerungsalbum, ich rieche die blumen auf meinem nachtkästchen und notiere mit meiner ordentlichen schrift, dass ich sehr glücklich war und bin.
„wir verlieren sie.“
ich weiss nicht, was die stimme damit meint. einmal bin ich mitten in der nacht aufgewacht, als hätte mich jemand geweckt. ich sah eine silberne mondspur auf der wiese bis hinüber zum wald. ich stand auf, verliess das zimmer und ging bis zum frühen morgen spazieren. es war die vorige nacht und als die schwestern meine laken wechselten und meine schmutzigen fusssohlen sahen, sahen sie mich lang an, doch sie sagten nichts. eine davon, die jüngere, drehte sich von mir weg und schien zu weinen. sie scheinen mich in mein zimmer zurückgebracht zu haben, denn das grelle weisse licht, das mich am schlafen gehindert hat, macht angenehmer dunkelheit platz.
nacht senkt sich über meine lider. ich schlafe mit der gewissheit ein, dass ich wieder geweckt werde, um der mondspur zu folgen, draussen auf der wiese, hinüber zum wald.