8.12.17

loveletter


eine leere southern comfort-flasche - beinahe hätte er sie weggeworfen, doch da sieht er einen zusammengerollten zettel, der in der flasche steckt, anscheinend eine botschaft oder ein brief. so wie diese botschaften, die schiffbrüchige in flaschen stecken, die sie dann in den ozean werfen, für irgendjemand, der dann kommen wird, um sie zu retten. ganz sicher wird er kommen, der retter, irgendwann. nach vielen jahren des wartens.

shine zündet sich eine myrrhezigarette an, die erste des tages - ein bisschen zu früh für myrrhe, aber ihm ist gerade extrem danach. er breitet den zettel vor sich auf dem tresen aus, streicht liebevoll darüber, um ihn zu glätten. es ist seine eigene schrift. geschrieben in einer nacht vor vielen, vielen jahren. er hatte damals mit den anderen die flasche southern comfort gekillt und später, als alle gegangen waren und er zu vorgerückter stunde in seiner nische am fenster gesessen war, beinahe wie im traum diese zeilen geschrieben, das stück papier in der flasche verborgen und die flasche zurück ins regal gestellt


sehr sehr dunkel. die tausendste zigarette des tages. drift-off. koffein genügend für eine ganze woche innerhalb einer halben stunde eingeworfen. noch immer nicht genug, noch immer schläfrig, etwas anderes muss her. ein gedanke, der lebendig ist. oder tot. was dasselbe ist. etwas wahrhaftes, etwas direkt aus der seele. der erste gedanke, der jetzt gedacht wird, wird zu einer neuen geschichte führen.

loveletter

loveletter an eine bar, die es nur im virtuellen raum gibt. geschrieben auf blassviolettem virtuellem papier, am rand verziert mit weissen feinen blüten und schneesternen. der winter kommt
und niemand wird frieren. weil alle schon erfroren sind...so scheint es. erfroren am eigenen feuer. trotzdem gibt es einen liebesbrief aus der kälte. erwacht, um der bar zu sagen, wie ich sie liebe, wie ich die cocktails liebe, die auf der theke funkeln..one to make u happy, one to make u mad...u remember?

ich wünschte mir einen klaren sonntagmorgen und etwas heiliges im wind. ich wünschte mir eine fahle wintersonne und die ersten schneeflocken in der luft. ich wünschte mir eine feder aus reinem silber und ein lauteres herz. um die worte zu finden, um sie niederzuschreiben
einen songtext, ein liebeslied, sphärenmelodie
ein lied an die sterne
ein lied für eine bar
die es nur im virtuellen raum gibt

auf das niemandsland, den heiligen boden, auf die compadres und ihre geschichten, die worte, die seit jahren hier niedergeschrieben wurden
der monolog der bar darf nie unterbrochen werden
ohne unterlass
webend, bauend, zerstörend, weiterbauend
und niemals niemals wird es enden
niemals wird es enden
niemals



der erste gedanke führt zu einer neuen geschichte...