28.6.21

astrozombie - das schlachtfeld der liebe

er verzog angewidert sein gesicht und betrachtete die menschenmenge am eingang. eine handvoll vampirposer, jede menge goths und einige, die wohl dem barock entsprungen waren, mit sachten punkelementen, killernieten zu barockoutfits. er grinste, als er in ihre unschuldigen gesichter sah, die zwar arroganz und gespielte härte ausstrahlten, aber einfach nur kindergesichter waren - die im augenblick eher ängstlich wirkten. er wusste, wie er auf sie wirkte, lebendige blasphemie, nicht verloren wie sie sondern wirklich verdammt, in alle ewigkeit amen.

er schob sich zum eingang durch. als er im dunklen eingang verschwand, spürte er das aufatmen der menge. heute würde er sie durch alle vorhöfe der hölle jagen, er hatte seine methoden, um sie brennen zu lassen. er würde sie wie immer mitnehmen, in seine innere welt, die sie unmöglich ertragen konnten. und dennoch schienen sie das, was er hier ab und zu hobbymässig betrieb, als den reinen kult zu sehen. diesmal waren noch mehr leute gekommen, der club war brechend voll und draussen standen sie noch immer in einer reihe an, die sich bis zur gegenüberliegenden strassenseite zog. 


die typen, die im schatten des gegenüberliegenden hauseingangs standen und die kids vor dem club sowie den eingang beobachteten, hatte er nur am rand wahrgenommen. er interessierte sich nicht für sie, obwohl er für einen kurzen moment hinübergeblickt hatte, nachdenklich und ernster als sonst, und das gefühl gehabt hatte, dass extreme kälte von ihnen ausging.

er hatte sie nicht genau erkennen können, nur ihre glimmenden zigaretten, die wie leuchtpunkte vor ihrn gesichtern schwebten. beunruhigend vielleicht, aber er wollte sich auch nicht verrückt machen lassen. er war nicht gerade der ängstliche typ und liess sich ungern von momentanen stimmungen beeinflussen. der club wurde dauerbeobachtet, zumindest hatte shawn das mal behauptet, aber shawn und seine verschwörungstheorien, die er hegte und pflegte, war diesbezüglich ohnehin nicht gerade ernst zu nehmen. fragte sich, wann shawn überhaupt ernstzunehmen war. besagter shawn würde heute ebenfalls anwesend sein, vielleicht mit seinem momentanen lover, einem von shawns ergebenen anbetern, die astrozombie schon von weitem an ihren verklärten gesichtern und ihrer auffallenden  blutleere erkennen konnte. sie wirkten wie junkies kurz vorm goldenen schuss, wenn shawn mit ihnen fertig war, und shawn war schnell mit allen fertig. er hatten eine ungeheure geschwindigkeit beim verschleiss seiner gefährten drauf. höllenspeed, wie ein d-zug, der durch bewohntes gebiet donnert und alle, die mitfahren wollten, nur für eine station mitnahm und sie dann bei voller fahrt wieder entsorgte. wo die dann landeten, war shawn sowas von scheissegal. wenn zombie ein sexleben wie shawn hätte, wäre er wahrscheinlich nur noch damit beschäftigt, aber man musste bedenken, dass shawn alles, was er machte, wahnwitzig schnell machte, und darum noch genügend zeit für andere betätigungen hatte.


wer oder was shawn erfunden hatte, wusste keiner, aber dass es ein mad scientist gewesen sein musste, war offensichtlich. ein völlig verrückter, der die menschheit abgrundtief hasste und darum shawn erfunden hatte. gegen shawn waren alle irgendwie blutleer, sogar die vampire in seiner eigenen clique. momentan befand er sich in seiner auftank-phase und soff sich mit blut an wie ein egel. er war immer auf der suche nach neuen, frischen körpern, material, wie er sie freundlich zu bezeichnen pflegte, und shawn, ein wahrer metzger, verrichtete sein blutiges handwerk wie kein anderer, mit einer scheusslichen freude an der tat. es war widerwärtig. ash hatte schon mal erwogen, ihn endgültig aus dem verkehr zu ziehen, als es zu schlimm  wurde. er wollte ihn zuhause einsperren und therapieren - etwas, worauf sich shawn schon richtig gefreut hatte. aber ash hatte sich seit monaten nicht mehr gerührt, nach dem letzten streit mit shawn war er einfach verschwunden und hatte sich bei freunden eine zeitlang eingemietet.


shawns blutexzesse hatten in diesem zeitraum einfach alles bisher dagewesene überboten. es war kaum möglich, aber er hatte es geschafft, selbst den hartgesottenen vampiren, die schon endlos dabei waren, ein gewisses mulmiges gefühl beizubringen. seine opfer hatten alle überlebt, doch in manchen fällen wäre es einfach besser gewesen, er hätte sie sterben lassen. 

und jeder wusste, was eigentlich dahinter steckte, nämlich liebeskummer. 


von einer nie dagewesenen romantik waren shawns blutbriefe an ash, jede botschaft noch ein wenig intensiver als diejenige davor, aber ash schien ihn diesmal wirklich satt zu haben und meldete sich überhaupt nicht mehr. das schlachtfeld der liebe, dachte astrozombie spöttisch.....


Lila G. Pahr: Aschenengel