es könnte sein, das meine oma jetzt wirklich bald stirbt. nach den vielen falschen alarmen der letzten monate sieht es jetzt ziemlich ernst aus. an einem tag ist sie nicht bei bewusstsein und kann nicht mehr geweckt werden, am nächsten tag singt sie die erste strophe von hoch auf dem gelben wagen und kann ihre geliebten deutschen balladen noch immer auswendig aufsagen. keiner weiss, wie es wird, aber sterben wird sie wohl müssen. wenn man im hundertsten lebensjahr ist, hat man wohl nur noch das vor sich.:(
meine eltern wollen nicht, dass ich sie nochmal sehe. es klingt arg, aber ich bin fast geneigt, ihnen zu glauben. obwohl ich sie so extrem liebe und sicher auch ein schlechtes gewissen habe, glaube ich das, was eine eltern zu mir gesagt haben. dass ich mich an sie erinnern soll, wie sie noch wie meine oma ausgesehen hat. ich bin erwachsen, und sie wollen mich trotzdem schützen. und ich glaube, ich lass ich jetzt ganz einfach mal in diesem leben in bestimmten situationen beschützen. wenn sie meinen, dass ich es nicht verkraften kann, dann haben sie recht. sie wollen nicht, dass ich leide, weil ich ihr von allen doch am nächsten bin. und sie merkt kaum etwas, und schon gar nicht, ob ich grad da bin oder nicht. es stimmt, ich hätte ein problem damit, sie so zu sehen. ich würd mich hauptsächlich daran erinnern. so gesehen haben meine eltern mir sehr viel erspart, und dafür bin ich ihnen dankbar.
meine oma könnte diese nacht nicht mehr überleben, oder an einem der nächsten tage sterben. oder noch ne zeitlang weiterleben, wie vorher. bei ihr weiss man nicht, was passieren wird. nicht mal die ärzte wissen es. meine andere oma ist im winter gestorben. ich weiss es noch, wie der schnee gefallen ist. ich war zuhause, bei den eltern, in meinem zimmer, nachts. hab hinüber geschaut, über diese wiese, die leicht bergauf geht. hinter der wiese war meine oma, in ihrem sarg, in der aufbahrungshalle. allein. wie madita, das blumenkind, zart, klein, mit ihrem langen zopf und in einem hübschen kleid, so verloren in dieser verdammten kälte, bei schnee und eis und ohne ihren garten und ich in meinem zimmer, wie ich vorm schlafengehen gegen die schmerzen noch eine oder zwei geraucht hab und beim einschlafen so extrem gefroren und so viel geweint hab, es war so kalt und ich hab sie verloren, was soll ich sagen, ich hab seither nie mehr richtig geweint
jetzt verlier ich meine zweite oma. ich hab kaum mehr wen, den ich lieben kann.
und bei mir hat sich auch was getan, und zwar hab ich nun endgültig den entschluss gefasst, aus dieser wohnung im frühling auszuziehen. ich ärgere mich über gar nix mehr in diesem haus, ich zieh einfach aus und lass die scheisse hinter mir. :) im winter mag ich nicht umziehen. aber frühling klingt ja schon nach mehr. denke mal, mein leben wird durch diese entscheidung so viel besser.