9.9.18

höllenaquarium



in einer ecke des lokals steht ein aquarium. es ist dunkelgrün und rötlich beleuchtet und scheint düster vor sich hinzuglosen. manchmal gehen gäste dorthin und scheinen irgendetwas hineinzuwerfen, nur was genau, das kann man nicht erkennen.
die vegetation ist üppig wie ein unterwasser-urwald und wuchert oben aus dem aquarium heraus,
einige pflanzen tragen grosse, exotische blütenkelche, die betäubend duften.
die fische im aquarium sind nur als schatten zu erkennen, sie sind gigantisch gross. im rötlichen licht
scheinen manchmal nadelspitze zähne auf und sie geben geräusche von sich, ähnlich wie singen.
ihr gesang unterscheidet sich jedoch von dem der wale, er ist anders als alles, was man je gehört hat.
es sind hohe kalte töne, die den anwesenden schauer über den rücken laufen lassen, und doch
liegt schönheit darin. es sind töne, die erinnerungen bringen - ob man sich jedoch wirklich erinnern will, ist eine andere sache. aber man muss - wenn man sie hört.
über dem aquarium hängt ein schild in blutroter gotischer schrift:
das höllenaquarium
die fische ernähren sich von bösen gedanken und träumen, vom bösen selbst.
sie stammen aus einer urwelt fern von hier und ähneln gigantischen piranhas.
mit ihren scharfen zähnen zerfetzen sie alles in sekundenbruchteilen.
ihre wut leuchtet wie glut aus ihren augen.
füttert sie.
sie fressen immer.

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es gibt ein uraltes fischweibchen, das heisst fleur.
fleur ist neugierig geworden. die fremden gedanken stimulieren ihr archaisches gehirn, sie bleckt die zähne, sie schnappt nach ihnen und legt tausend eier in die wunden ihrer männlichen artgenossen, die sie ausbrüten, um neue pflanzentriebe zu gebären.
sie schnellen in die höhe, versuchen soma zu erfassen und ranken sich zischelnd an der wand empor.
fleur legt eier in schwärende wunden. die duftenden blüten über dem aquarium sind ausdruck ihrer zerstörerischen lebendigkeit. meistens hinter einem pflanzenschleier verborgen, tritt sie nur selten hervor. meist träumt fleur hinter ihrem vorhang aus giftigen gedankenpflanzen.
fleur stammt aus indien, und trägt das zeichen der kali auf der stirn wie eingebrannt. sie ist das lieblingstier der göttin kali, und fleur ist alt wie die welt.
sie ist die schönste und schlimmste von allen.

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archangel bar, café paradox