22.6.08

die mittelmeerkreuzfahrt - teil 1

vorwort: die texte sind wirklich steinalt. und damals hatte ich noch nen anderen namen.*lol* es geht um eine kleine kreuzfahrt, die wir damals unternahmen. wir waren ein wild zusammengewürfelter haufen. manfred und ich als einzige schwarze, dann noch ein paar schulkollegen von manfred, der vater einer schulkollegin, der den skipper machte, und dann noch "nennen wir ihn franz", ein stranger typ, den keiner leiden konnte, der aber mitmusste, da er der freund einer schulkollegin von manfred war. es war manfreds maturareise *lol*, und obwohl ich nicht seine schule besuchte, durfte ich mitfahren. ich hab mich wirklich bestens amüsiert und mich mit den anderen gut verstanden, es war eine richtig geniale zeit, die wir da hatten.

jedenfalls hab ich den block mit meinen aufzeichnungen gerade wieder ausgegraben und einige episoden abgetippt.





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EPISODE 1 - GUTEN MORGEN


Und wieder eine verkrampfte Nacht im Doppelsarkophag! Manfred schlief wie ein Stein. Draussen im Salon herrschte reges Treiben, alle waren schon wach, schienen Morgenmenschen zu sein. Sie bemühten sich, so viel Lärm wie nur möglich zu machen, hatten keinen Respekt vor der Majestät des Schlafes, duschten und wuschen sich vergnügt...Sabine stapfte durch den Salon, riss das Türchen zu Gabys und Manfreds Besenkammerkajüte auf und steckte den Kopf wie eine uralte, runzlige Schildkröte von den Galapagos-Islands durch den engen Türspalt. Sie schüttelte missmutig den Kopf, als ihr die Rauchschwaden entgegenquollen. Gaby und Manfred hatten in der vorigen Nacht einige Sandelholzsticks angesteckt und dieser Rauch hatte sich als Bodennebel, klamm, kalt und süsslich, die ganze Nacht gehalten. „Lüften!!“, brüllte jemand dicht an Gabys Ohr, und „Die Sonne lacht!!!“ Ein Grund, liegenzubleiben und weiterzuschlafen...
Eklige Art, jemanden zu wecken. Manfred reagierte überhaupt nicht und blieb benommen liegen, während Gaby das Geräusch der Kaffeemaschinen wahrnahm, aufstand und wie ferngesteuert an Sabine vorbeiwankte.

Sie sog den Duft tief in ihre Lungen, lauschte ergriffen dem „Krrchpfrrzz“-Rülpsfurzgeräusch der eifrig vor sich hinarbeitenden Kaffeemaschine und sah sich neugierig um. Rund um sie tobte das Chaos. Mitglieder der Mannschaft rannten halbbekleidet durch den Salon, in die Kajüten, aufs Klo, kämmten, schminkten, wuschen sich, kochten Kaffee und Eier, schnitten Brot, wühlten im Kühlschrank und deckten den aufklappbaren Mördertisch (an dem sich immer einer fast zum Krüppel androsch). Beinahe alle Mitglieder der Crew waren wach, muss man dazu bemerken: Manfred und Petra waren noch in den Kajüten, die sägten noch gemütlich das Schiff mittendurch, die Glücklichen mit ihrem gesegneten Schlaf...
Bevor Gaby frühstücken konnte, musste sie sich anziehen und ein wenig waschen, das war ihr schon klar. Aber das chemische Closett vor dem Frühstück, diese Peinlichkeit zu sehen und zu riechen, brachte sie dazu, dass sie sich schon im Salon beinahe übergab. „Irgendwann muss es geschehen“, sagte sie zu sich selbst und steuerte voller Todesverachtung die Kreuzung aus Badezimmer und Closett an. Sie zwängte sich in das für Zwerge entworfene Kabinett, kriegte noch mit, wie Sabine an Manfreds Kabinentür wummerte und stand dann entsetzt im Bad: Ihr Vorgänger hatte geduscht und nicht gelüftet...! Alles war von einem nassen Film überzogen, Dusche und Klo dampften, dumpfe Feuchtigkeit lag wie ein nasses Handtuch über ihr. Die Sachen, die sie anziehen wollte, waren innerhalb von kürzester Zeit feucht und fühlten sich irgendwie gummiähnlich an. Sie plagte sich mit ihren Haaren ab wie noch nie, Feuchtigkeit und Hairspray vertragen sich schlecht...Schminken bei einem beschlagenen Spiegel, der die Gesichtszüge seltsam verzerrte....Manchmal wünschte sie sich ehrlich, sie wäre nicht mitgefahren.

Draussen im Salon herrschte aufgeregtes Stimmengewirr: Manfred war aufgestanden und bestellte sein Frühstück.
Er war schon eine Zeit lang wachgelegen und hatte dem Lärm, der an Bord herrschte, zugehört. Diese Fröhlichkeit, Hektik und vor allem die brüllende Hitze, die schon am Morgen unter Deck herrschte, machten ihm schwer zu schaffen. Schlaff war er, schlaff. Mitgenommen und völlig fertig war er vor sich hindämmernd dagelegen, bis Sabine beinahe die Kajütentür eingetreten hatte. Nur die Aussicht auf schwarzen Kaffee und die erste Zigarette des Tages hatte ihn aus den Federn gelockt. Er war am Morgen echt mies drauf. Völlig unkoordiniert und apathisch schlich er zum Bad, das Gaby kurz zuvor freigegeben hatte, zwängte sich an dem Mörder von Klapptisch vorbei, holte sich seine allmorgendlichen blauen Flecken und musste zu guter Letzt einsehen, dass er wieder einmal als einer der Letzten zum Frühstück kommen würde. „Das Ei“, schoss ihm durch den Kopf, „Das Scheissei wartet schon...“
Im Bad erging es ihm wie Gaby, also Ekel total. Er glitschte am feuchten Boden herum wie ein Schlittschuhläufer, erledigte nur das Allernötigste und versuchte, die Karrikatur von Klo zu ignorieren, so gut es eben ging.

Auf zur Frühstückssession mit der Crew! Manchmal echt wie ein Urlaub im Knast, man brauchte schon Nerven aus Stahl. Er setzte sich zwischen Karin und Gaby, nahm den kleinen Kaffeelöffel zur Hand und drosch auf das lauwarme Ei ein, verächtlich....mit aller Wut und Gewalt. Die Ruine von Ei widerte ihn an, er brauchte jetzt einen Riesenschluck Kaffee – auch lauwarm – um den Anblick zu ertragen. „Ich brauch das“, quetschte er hervor, als ihn Gaby angeekelt betrachtete, „Das schlag ich tot“. Seine Gedanken waren düster. „Die Welt ist schlecht und mir ist schlecht“ - sowas in der Art schien er zu denken, als er die hektisch gestikulierenden Leute am Tisch betrachtete, die mit vollem Mund irgendwelche unverständlichen Satzfetzen hervorpressten und die Teller kahlfrassen. Der Tisch schien von Termiten bevölkert zu sein, die nervtötend schnell alle Lebensmittel orteten und in sich hineinschaufelten. Termite Gaby hatte ihren Teller rasend schnell geleeert und begab sich nun mit ihrem dampfenden Kaffee an Deck, wo sie sich gemütlich in die Sonne setzte und ihre Zigarettenschachtel auspackte.

In kürzester Zeit gesellten sich auch Manfred und Petra zu ihr, die ebenfalls ihre Kafeetassen vor sich hertrugen und ihre ersten Zigaretten des Tages anzündeten. Die drei begannen, gemütlich miteinander zu plaudern....


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EPISODE 2 - WIR HABEN DEN WAHNSINN AN BORD


Kettenrauchend begannen Petra und Gaby, sich zu stylen, während an Bord das Anlegemanöver noch einmal besprochen wurde. Manfred hatte den Auftrag bekommen, das Segel einzuholen und aufzuwickeln. Das ist gar nicht so leicht, wie jeder, der schon einmal das Glück hatte, zur See zu fahren, weiss. Manfreds Gebrüll bestätigte dieses. Albin, wieder mal zu gut für diese Welt, die ja von Mafreds und Gabys beherrscht wird, erbot sich, Manfred zu dienen.
„Sklave, knie nieder“, kam von Manfred, und „Meinetwegen kannst du die Segel auch allein reffen“, von Albin. „Momentchen, Momentchen“, drang aus dem Bauch des Schiffes - „Wer refft hier wen?!?“. Der Skipper und väterliche Freund der Mannschaft, Herr Gössler, wurde gerufen, um den Sinn des Reffens zu erklären, und musste wieder mal miterleben, wie an Bord eine wilde Diskussion ausbrach.

Die Männer an Deck kriegten sich voll in die Haare und erörterten brüllend das Problem „Reffen oder die Scheissfetzen so hängen lassen“, während sich die FLYNN langsam der friedlichen Bucht näherte. Albin brach in fieberhafte Tätigkeit aus und begann zu reffen, was das Zeug hielt. Das Streitgespräch an Bord verstummte.
Albin war interessanter, der im Zeitraffertempo die Segel vom Mast riss und in eine dicke Wurst rollte. „Schlampig, aber schnell“...Das war natürlich Manfred, der seinen Sklaven streng ansah. „Nennen wir ihn Franz“ gaffte inzwischen unter Deck, weil da die Frauen waren.

Die hektische Stylingorgie war voll imgange. Sabine hatte das Bad in Beschlag genommen und wollte es nicht mehr freigeben. Sie schien vor dem chemischen Closett zu meditieren oder sich die Haare zu waschen, während Petra in 2-Minuten-Abständen an die Tür wummerte und sich bitter „über die Frau da drinnen“ beschwerte. Sie ging zu Gaby motzen und versuchte, im Gehen ihre Kontaktlinsen hineinzuschrauben. Ihr durchdringendes „Scheisse, meine Linsen“ holte Sabine aus dem Bad, das Karin wie ein Blitz besetzte. „Nennen wir ihn Franz“ guckte wie ein Tier unter Deck, wo die Frauen waren...Und Petra besuchte Gaby in ihrer Kajüte und beschwerte sich bitter über Karin, die erstens das Bad freigeben und zweitens ihrem Freund das Stieren abgewöhnen sollte. Gaby toupierte sich munter die Haare, sagte „jaja“ und drängte Petra ein Gläschen Rotwein auf. Die Sarkophag-Kajüte war zu eng für zwei Personen. Petra musste liegen, fand es aber gemütlich und fuhr fort, zu motzen. Gaby zündete ein Räucherstäbchen an, was Petra mit Wehgeschrei quittierte, da sie Sandelholz nicht mochte. Gaby blickte sie geduldig an, hörte sich Petras Ausführungen über Räucherstäbchen, Esoterik und Aromatherapie an und versuchte indessen, ihr die Kontaktlinsen einzusetzen.

Der Skipper drängte zum Aufbruch. Er schob „Nennen wir ihn Franz“ beiseite, guckte nach unten und befahl die sofortige Beendigung aller Stylingaktivitäten und das Erscheinen an Deck. Das Chaos brach aus. Petra, Gaby, Sabine und Karin hetzten zwischen ihren Kajüten und dem Bad hin und her, eingehüllt in Parfumschwaden – tatsächlich kämpften vier Parfumschwaden gegeneinander an und vermischten sich mit dem Sandelholzgeruch, der aus Gaby Kajüte drang, zu einer interessanten Mischung. Nicht mal schlecht, nur ziemlich penetrant roch es im Untergeschoss, das von den Männern an Bord im Augenblick eher gemieden wurde.
Nur Manfred hatte sich unter Deck zurückgezogen. Er sass gemütlich im Salon, trank Kaffee und las im Necronomicon. Der schwere, betäubende Geruch...die mystische Lektüre...es war manchmal so schön, so sakral, so...ein Toupierkamm schob sich in sein Blickfeld, eine Dose Hairspray wurde auf das Buch gestellt und er selbst wurde mit einer süsslichen Substanz eingesprüht. Er blickte auf und musste mitverfolgen, wie Gaby seinen Kaffee trank, eine durchgestylte Gaby, die mit all den Kreuzen und Rosenkränzen um ihren Hals der christlichen Seefahrt alle Ehre machte.
Die Parfumwolke quoll aus Manfreds T-Shirt und er verzog missmutig das Gesicht. Er roch wie eine Frau. „Paris!“, brüllte er und streckt eine Hand nach Gaby aus, die einen Sicherheitsabstand zwischen sich und Manfred brachte. Sie nickte zustimmend und stellte eine Riesenflasche Loulou auf den Tisch. „Paris“, stellte sie fest und versuchte, ihn mit einem Strahl Hairspray ins linke Auge zu treffen. „Und ausserdem tötet es die Insekten....“
Das daraus resultierende Handgemenge wurde von „Nennen wir ihn Franz“ erbost registriert. Die Ansage, die dann von ihm kam, war hörenswert. „Soll ich den Skipper holen?“. Echt wie im Kindergarten und eine Fresse zum Reinhauen. „Eh, piss mir nicht ans Bein“, kreischte Gaby, die sich nicht mehr kannte. Das debile Gesicht verschwand abrupt und man hörte „Nennen wir ihn Franz“ an Deck keifen. Gaby war weiss vor Zorn, entspannte sich aber sofort wieder, als Manfred „Nennen wir ihn Franz“ zu verarschen begann und versuchte, sein Gesicht zu imitieren. Sie vergass den unschönen Zwischenfall sofort, als das Anlegemanöver der Crew ihre ganze Aufmerksamkeit forderte. „Nennen wir ihn Franz“ vergass und vergab jedoch nie. Er nahm sich vor, Gaby über Bord zu werfen.

An Bord der FLYNN wurde gerade über die Anschaffung einer Piratenflagge abgestimmt, als der Skipper eine Entdeckung machte: Das Schiff lag zu tief im Wasser und es würde unmöglich werden, in der Bucht zu ankern. Man musste also vor der Bucht ankern und per Rettungsboot ans Ufer fahren, wenn man zum Restaurant wollte. Die Mannschaft hatte sich inzwischen zum Erwerb einer Totenkopfflagge entschlossen und stellte verdrossen fest, dass man in einem Nest gelandet war, in dem man rein gar nichts kaufen konnte. Eigentlich war man gar nicht mehr allzu scharf auf den Ausflug an Land, weil man mit Albin ohnehin einen Haubenkoch an Bord hatte und doch relativ müde war. Albin hatte aber durchaus nicht vor, zu kochen, er wollte unbedingt einen Abend ohne Hausarbeit erleben, was man ja auch verstehen kann. Der landungsgeile Albin vollführte also den ärgsten Terror, den man sich vorstellen kann, bis er die ganze Mannschaft weichgeklopft hatte. Also erfüllte man Albins Wunsch und legte vor der Bucht im offenen Meer an.

Das Anlegemanöver war perfekt, einfach genial und viel zu schön für diese einsame Gegend. Niemand nahm dieses Meisterstück, das wohl einmalig war in der Geschichte der christlichen Seefahrt, zur Kenntnis....Die Mannschaft agierte dermassen unverkrampft und professionell, man blieb trotz der harten Arbeit lässig und schön, ein Team eben, ein richtiges Team nach der langen Zeit....Der Skipper lächelte glücklich. Dieser Anblick entschädigte ihn für die vielen Schocks, verpatzten Landungen, Peinlichkeiten und Pleiten. Er musste sich gleichzeitig eingestehen, dass es um seine Nerven nicht gut bestellt war. Als er seine Mannschaft ansah, sein Dream-Team sozusagen, das konzentriert und still vor sich hinarbeitete, fuhr ein lautloses Beben durch seinen Körper. Er hörte ein leises Ping in seinem Kopf und begann, hysterisch zu lachen. Seine Mannschaft, die aussah wie....“Wie Menschen!“, brüllte er, „Ihr seht aus wie normale Menschen, ihr benehmt euch so normal, ich halte das nicht mehr aus“...Sogar seine Tochter agierte einigermassen normal, sie liess gerade mit Gaby den Anker zu Wasser, während Manfred und Petra das Schlauchboot überprüften, mit dem man zum Ufer fahren wollte.

Petra stiess Gaby in die Seite und zeigte auf ihren Vater, der inzwischen von allen Seiten scharf beobachtet wurde. Er schämte sich, konnte dennoch nicht aufhören, zu lachen. Seine Tochter wurde grantig, das konnte er sehen, und Gaby staunte ihn mit faszinierten Augen an. Manfred trat hinter den Skipper und legte ihm eine imaginäre Zwangsjacke an.
„Wir haben den Wahnsinn an Bord“, stellte er seufzend fest und betrachtete den lachenden Kapitän der FLYNN. „Wir werden herumirren auf allen Weltmeeren und Böses treiben.“