23.1.09

störung der totenruhe

du rauchst ne camel, die du dir von deinem kollegen geschnorrt hast, und sitzt am eiskalten gang. durch deinen kopf gehen die sonderbarsten gedanken. von labyrinthen, korridoren, aktenschränken, aus denen die dokumente hervorquellen. dazwischen bleiche gestalten an ihren schreibtischen, einige davon vornübergesackt, andere schauen grad mal knapp über die tischkante und hängen schon fast unterm tisch. andere liegen auf den schreibtischen, man weiss nicht, ob sie noch leben. eine telefonzentrale mit einem knorrigen faktotum, das knarrend ins telefon redet und die anrufer entweder in einen endlosloop befördert oder sie gleich aus der leitung schmeisst, wahrscheinlich befragt er vorher die runen, was er gerade tun soll.

du hockst am gang und denkst dir, dass eine zigarettenlänge so lang sein kann wie bei anderen ein ganzes jahr. musik dudelt in dein ohr, die du schon nach einigen sekunden nicht mehr hören kannst, du hältst den hörer weit weg von von deinem ohr, doch immer wieder lauscht du, um am anderen ende irgendetwas anderes...etwas lebendiges...zu erhaschen. nichts. nur die musik. und du hast noch glück, denn das faktotum hat dich nicht gleich rausgeschmissen, die runen haben anders entschieden. du schämst dich, die ruhe der schläfer zu stören. irgendwie denkst du an störung der totenruhe und schämst dich noch mehr. du begehst gerade ein sakrileg, und du weisst es auch noch.

dein rauchen wird hektischer, du verschluckst dich nervös. gerade in diesem augenblick meldet sich eine stimme und du solltest nun fähig sein, dich zu äussern, doch du liegst nach luft ringend am gang vor dem büro. irgendwie schaffst du es, krächzend dein begehr kundzutun und erfährst im gegenzug, dass die person, mit der du reden möchtest, heute schon wieder nicht im haus weilt...wahrscheinlich dann am montag, doch die stimme am anderen ende der leitung klingt unsicher. vor deinem inneren auge siehst du die person, mit der du reden wolltest, bleich und starr vor dem kaffeeautomaten an der wand lehnen, den becher kaffee zum mund erhoben, jedoch nicht trinkend, erloschenen auges an die gegenüberliegende wand starrend. schaudernd und dennoch mit fröhlichem tonfall, der dein grauen mehr schlecht als recht kaschiert, gibst du bekannt, dass du es am montag wieder versuchen wirst. und so wirst du wieder am gang sitzen, mit einer geschnorrten camel im mundwinkel, leise vor dich hinfröstelnd, und knorrigen und knarzigen stimmen lauschen und manchmal wirst du den hörer weit vom ohr weghalten, wenn dich wieder die endlosschleife ereilt und dich musik überschwemmt, die dich irgendwie an den abspann eines horrorfilms erinnert...

ja, so war es heute morgen am gang vor dem büro, als ich mit dem finanzamt telefonieren musste...am besten waren die bilder in meinem kopf, die ich wohl irgendwann verfilmen muss. und kafka war kein phantast! mehr realist kann man gar nicht sein....